Geschichte der Landesgruppe Niedersachsen


Bereits seit über 40 Jahren bilden die CDU-Abgeordneten aus Niedersachsen eine eigene Landesgruppe im Deutschen Bundestag. Zu Beginn war die Organisations- und Bindekraft nicht ganz so groß wie heute. Ihr erster Vorsitzender wurde damals lediglich von einem weiteren Abgeordneten unterstützt. Heute hingegen unterhält die Landesgruppe ein eigenes Büro mit zwei Mitarbeitern, die für die Arbeit in der Landesgruppe zuständig sind. Damit hat sich die anfänglich eher informelle Existenz der Landesgruppe im Laufe von vier Jahrzehnten zu einer eigenständigen Präsenz innerhalb und außerhalb der Unions-Fraktion entwickelt. Der Weg hin zu einem nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil der Fraktionsorganisation war jedoch nicht immer leicht und soll nachfolgend in aller Kürze nachgezeichnet werden.

 


Die Anfänge

In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg organisierte sich die CDU in Niedersachsen zunächst auf der Ebene der alten Länder Oldenburg und Braunschweig sowie der ehemaligen preußischen Provinz Hannover. Erst 1968 erfolgte ein wirksamer Zusammenschluss zu einem Dachverband. Ungeachtet dessen trafen sich die niedersächsischen Christdemokraten im Deutschen Bundestag in den Sitzungswochen regelmäßig, um ihre parlamentarische Arbeit zu koordinieren. Darüber hinaus waren Abgeordnete aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen im "Soltauer-Kreis" organisiert, der sich insbesondere für norddeutsche Interessen stark machte. Von einer festen, einheitlichen Gruppe, die innerhalb der Unions-Fraktion als eigenständiger niedersächsischer „Block“ aufgetreten wäre, konnte damals noch nicht gesprochen werden. Zu dieser Situation merkte Dr. Rudolf Seiters an: „Gerade wir Jüngeren drängten aber seit langem auf einen einheitlichen Landesverband Niedersachsen und [...] auf eine starke und organisatorisch gefestigte Landesgruppe in Bonn.“ Im Oktober 1969 wurde schließlich auf Initiative Wilfried Hasselmanns die CDU-Landesgruppe Niedersachsen im Deutschen Bundestag gegründet. Die Welt schrieb am 18. August 1969: „Den Hintergrund von Hasselmanns neuer Politik des begrenzten Alleingangs scheint das Gefühl zu bilden, die indirekte Vertretung norddeutscher Sonderinteressen durch den Soltauer-Kreis werde künftig noch weniger als bisher ausreichen.“

 


Bonner Jahre

Die Gründung der Landesgruppe vollzog sich in einer Phase des Umbruchs für die Unions-Fraktion. Zum ersten Mal seit Bestehen der Bundesrepublik musste die Fraktion auf den Oppositionsbänken Platz nehmen. Die Landesgruppe bestand damals natürlich noch nicht in ihrer heutigen Form, sondern entwickelte sich in Struktur und Organisation erst im Laufe der Jahrzehnte.

Erster Vorsitzender wurde Heinrich Franke. Er und seine Nachfolger, Dr. Philipp von Bismarck und Dr. Rudolf Seiters, führten die Landesgruppe durch die Jahre der Opposition. Zentrale Themen waren die Schwächung der deutschen Wirtschaft und die neue Ostpolitik. Unter dem Vorsitz Klaus-Jürgen Hedrichs konnten die Arbeitsbedingungen stark verbessert werden, da die Landesgruppe nun eigene Büroräume für ihre Mitarbeiter zur Verfügung hatte. Als 1994 Erich Maaß den Vorsitz übernahm, waren aufgrund der rot-grünen Opposition im Bundesrat die Möglichkeiten der Politikgestaltung stark eingeschränkt. Unter seinem Nachfolger, Reinhard Freiherr von Schorlemer, musste die CDU/CSU-Fraktion 1998 erneut den Gang in die Opposition antreten. Mit Schorlemer als Vorsitzenden zog die Landesgruppe 1999 schließlich nach Berlin um, womit eine neue Ära der parlamentarischen Demokratie in Deutschland begann.

 


Die Landesgruppe in Berlin

In den Jahren der rot-grünen Koalition bestand die Hauptaufgabe der Landesgruppe unter Dr. Hermann Kues vor allem darin, politische Alternativen zu einer Bundesregierung anzubieten, die angesichts der Rekordarbeitslosen-zahlen und der hohen Staats-verschuldung sichtbar angeschlagen war. Da Dr. Kues 2005 ins Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berufen wurde, übernahm sein Amt Enak Ferlemann. Auch in seiner Amtsperiode konnte für das Land Niedersachsen wieder viel erreicht werden, u.a. eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, das VW-Gesetz und Fortschritte in der Energiepolitik. Nach der Wahl 2009 folgte Enak Ferlemann seinem Vorgänger in das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs, allerdings im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Seit 2009 hat Michael Grosse-Brömer als zehnter Vorsitzender die Leitung der Landesgruppe inne. Gemeinsam mit den anderen niedersächsischen Abgeordneten setzt er sich nun für die Interessen Niedersachsens, insbesondere Tourismus, Landwirtschaft, Verkehrsinfrastruktur und Energie ein.

 


40-jähriges Jubiläum

Im Jahr 2010 konnte die Landes-

gruppe auf vier Jahrzehnte erfolgreiche Politik für Deutschland und insbesondere für Niedersachsen zurückblicken. Alle Festredner, an der Spitze der ehemalige Landes-

gruppenvorsitzende Rudolf Seiters, würdigten die Leistungen der Landesgruppe in den zurück-liegenden 40 Jahren und strichen ihre große Bedeutung für eine erfolgreiche Arbeit der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag heraus. Die Bundeskanzlerin dankte der Landesgruppe für ihre „guten Ideen und Initiativen“. An der Jubiläumsfeier nahmen über 120 Gäste teil, u.a. Bundeskanzlerin Angela Merkel, der damalige niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff, der Partei- und Fraktionsvorsitzende in Niedersachsen, David McAllister, der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder, Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, Kanzleramtschef Ronald Pofalla sowie CDU-„General“ Hermann Gröhe. Natürlich waren auch viele ehemalige Landesgruppenmitglieder, wie Rita Süssmuth oder Rudolf Seiters der Einladung ihrer „aktiven“ Kollegen gefolgt.